Weitererzählgeschichte
(Verlag Westermann)

Weitererzählt von Markus

Nachts wenn alle schlafen

Seit fünf Tagen wohnte Till allein mit seiner Mutter im Haus. Sein Vater arbeitete zwei Wochen lang im Ausland und seine große Schwester war für zehn Tage auf Klassenfahrt. Till genoss es, dass er das Spielzimmer, das er sonst mit seiner älteren Schwester Petra teilen musste, für sich allein hatte, denn oft gab es Streit. Petra konnte eine richtige Zicke sein. Sie wollte immer alles bestimmen, was gespielt wurde und nur selten konnte Till seine Wünsche durchsetzen.

So gut es Till auch ging, eine Sache störte ihn gewaltig: Seine Mutter beschuldigte ihn seit einigen Tagen, er würde heimlich nachts in die Küche schleichen und den Kühlschrank plündern. Sie hatte sogar schon sein Zimmer durchsucht, ob er dort wohl heimlich Lebensmittel versteckte, denn sie hielt es wohl auch für unwahrscheinlich, dass ein einzelner Junge derartig viel in einer Nacht essen konnte. Seltsam war die Angelegenheit schon: Tills Mutter kaufte morgens ein und legte die Waren in den Kühlschrank, doch am nächsten Morgen war er leer. Einmal lag nur noch eine angenagte Möhre darin.

Es wurde Nacht und Till sollte ins Bett gehen. „Und geh bloß nicht wieder an den Kühlschrank, sonst platzt du noch, wenn du so viel isst!" „Aber ich gehe nachts nicht in die Küche. Außerdem: Hast du mich schon einmal freiwillig Krautsalat essen sehen? Der ist doch auch verschwunden.
Dieses Argument leuchtete Tills Mutter ein. Ihr Sohn war wirklich kein Freund von Obst und Gemüse, aber ihr fiel beim besten Willen keine bessere Erklärung für das Verschwinden der Nahrungsmittel ein, als dass Till der Übeltäter war.
Till beschloss, der Sache auf den Grund zu
gehen. In dieser Nacht wollte er wach bleiben und sich im Esszimmer verstecken. Von dort aus konnte er sowohl die Küche als auch den Flur im Auge behalten.
Die Nacht brach herein, auch Tills Mutter ging
ins Bett. Till blieb noch eine Weile ruhig liegen, bis er sich sicher war, dass seine Mutter schlief. Er schlich die Treppe hinunter und hoffte inständig, dass sie nicht knarren würde. Ganz leise öffnete er die Zimmertür und ging mit angehaltenem Atem ins Esszimmer und kauerte sich in eine Ecke, von der er eine gute Sicht hatte, aber nicht gesehen werden konnte.

Einige Minuten vergingen, Till kamen sie wie Stunden vor. Dann hörte er ein Knacken. Er spitzte die Ohren, nun vernahm er sogar gedämpfte Stimmen. Wer konnte bloß in der Küche sein? Es war doch niemand durch den Flur gekommen.
Und da: Die Küchentür ging auf, der Kühlschrank kam aus der Küche, gefolgt von der Tiefkühltruhe und all den anderen elektrischen Küchengeräten. Till blieb fast das Herz stehen. Mit weit geöffnetem Mund sah er die Geräte durch den Flur zur Wohnungstür wan­dern. Das musste ein Traum sein.
Till kniff sich in den Arm, aber die Szene vor seinen Augen veränderte sich nicht. Er war hellwach. „Ich muss etwas unternehmen", dachte er.

 

 

Till schnappte sich den Toaster und fragte ihn warum sie denn abhauen? Der Toaster sagte: „Weil deine Mutter uns immer beleidigt! ‚Blöder Toaster, Scheiß Kühlschrank’  so geht dass schon die ganze Woche!“ Till schloss die Haustür ab damit sie hier bleiben. Er brachte die Mikrowelle wieder in die Küche, den Fernseher in die Stube und die Waschmaschine in den Waschraum. Dann ging er schlafen. Am nächsten Morgen schrie die Mutter: „Der Kühlschrank ist weg und der Entsafter auch!“  Till dachte nach. Da fiel im ein, dass er sie vergessen hatte. „Mama die sind letzte Nacht abgehauen.“, sagte Till. „Ja klar, und ich kann fliegen!“ Tills Mutter suchte und suchte, aber sie fand ihn nicht. Till ging nach draußen und da  standen sie. Till sagte seiner Mutter sehr ernst:  „Beleidige niemals ein Elektrogerät!!!“

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